Erstmals sind Forschungsreaktoren einem Stresstest unterzogen worden. Das Ergebnis: auch Deutschlands “kleine” Meiler sind nicht sicher. Abhilfe sollen neue Notfallbücher schaffen – doch gegen den Absturz eines Flugzeuges auf die Forschungseinrichtungen inmitten von Großstädten wird das kaum helfen. Atomkraftgegner fordern die Stilllegung der alten Reaktoren.
Die Reaktorsicherheitskommission (RSK) kommt in dem kürzlich veröffentlichten Bericht zu vernichtenden Ergebnissen: Der Berliner Wannsee-Reaktor würde selbst dem Absturz eines kleinen Verkehrsflugzeuges nicht standhalten. In Mainz und Berlin sollen nun bessere Absicherung gegen Flugzeugabstürze und Kerosinbrände installiert werden. Nur drei Kilometer östlich des Versuchsreaktors am Wannsee führen mehrere Abflugrouten für den neuen Airport Berlin Brandenburg vorbei. Die wohl sicherste Schutzmaßnahme, der Bau einer Betonkuppel wie bei Atomkraftwerken, ist nach Darstellung des Berliner Betreibers Helmholz-Zentrum nicht möglich.
Der Berliner Reaktor BER-II wurde bereits 1973 in Betrieb genommen, der TRIGA-Reaktor der Universität Mainz schon 1965 – und ist damit der älteste in Deutschland. Als dritter Forschungsreaktor ist noch der FRM-II in München in Betrieb. Die Leistung beträgt etwa ein Zehntel gegenüber den Leistungsreaktoren – damit sind sie aber nicht ungefährlich. Die Notfallpläne sehen zum Beispiel vor, dass um BER-II bei einem schweren Unfall eine Evakuierungszone von drei Kilometer Radius errichtet und im Umkreis von 20 Kilometern Jodtabletten an Kinder verteilt werden müssen.
Der Berliner Senat wusste schon vor Abschluss der Untersuchung, dass der Reaktor sicher sei. Auch das rheinland-pfälzische Wirtschaftministerium hat keine Zweifel am Mainzer Reaktor.
Als erste Massnahme sollen nun nicht etwa die Anlagen abgeschaltet werden, sondern lediglich die Notfallhandbücher, Katastrophenschutzpläne sowie das Brandschutzkonzept überarbeitet werden. Dass aber auch Katastrophenschutzpläne für die Evakuierung einer Großstadt wie Berlin nicht helfen werden, liegt auf der Hand. Im Gegensatz zu den großen AKW stehen die Reaktoren inmitten von Millionenstädten – entsprechend kurz ist die Zeit zum Handeln bei einer freisetzung von Radioaktivität. Hinzu kommen Mängel, die auch auf das Alter der Anlagen zurückzuführen sind. Laut einem Bericht des TÜV Rheinland befindet sich ein Riss im Reaktor, “an einer Schweißnaht im Bereich der Trennwand zwischen Absetzbecken und Betriebsbecken”. Diese Becken bildeten das zentrale Kühlsystem.
Der BER-II gibt jährlich ein Vielfaches der Menge eines wesentlich größeren Atomkraftwerkes an die Umwelt ab: fast doppelt soviel Tritium im Jahr wie in dem großen AKW Philippsburg-1 oder ca. die vierfache Menge wie in Philippsburg-2. Mit der Fortluft werden pro Jahr 460 Gigabecquerel radioaktive Edelgase freigesetzt, fast doppelt so viel wie in Garching, dem Reaktor mit der doppelten Leistung, der auf einem freien Feld steht.
Der “Forschungsreaktor München II” zur Herstellung von Neutronen und Materialbestrahlung ist nicht nur der einzige Neubau eines Atomreaktors in Deutschland seit Tschernobyl. Er ist auch der einzige Reaktor weltweit, dessen Entwickler ein Abrüstungsprogramm nutzten, um Abrüstungsziele zu unterlaufen. Denn als Spaltstoff wird hochangereichertes Uran verwendet, was atomwaffentauglich ist.
Quelle http://www.contratom.de/2012/06/22/auch-forschungsreaktoren-sind-unsicher/
Meldepflichtige Ereignisse
Meldepflichtige Ereignisse werden vom Anlagenbetreiber über die zuständige Landesbehörde an das Bundesamt für Strahlenschutz weitergegeben. Hier eine Auswahl der bedeutenden Ereignisse für den BER II:
20. Juli 1998: Automatische Reaktorschnellabschaltung nach Umformerausfall.
16. Juni 1999: Reaktorschnellabschaltung infolge Fehlbedienung beim Abgleich der Leistungsbereichsinstrumentierung.
23. Mai 2000: Reaktorschnellabschaltung durch Überschreitung der zulässigen Reaktorleistung infolge Störung des Reaktorregelkanals.
13. Februar 2001: Reaktorschnellabschaltung nach starker Leistungszunahme und Überschreitung der zulässigen Reaktorleistung.
9. Februar 2005: Manuelle Reaktorschnellabschaltung nach Ausfall der betrieblichen Leittechnik.
16. Oktober 2006: Reaktorschnellabschaltung durch Überschreiten der zulässigen Reaktorleistung infolge Fehlbedienung.
8. August 2009: Reaktorschnellabschaltung nach Einfallen eines Steuerstabes.
5. Juli 2010: Beim Ausfahren einer Probe aus dem Reaktorkern wurde die Leistung des Reaktors nicht richtig nachgeregelt. Durch diese Fehlbedienung stieg die Leistung des Reaktors so stark an, dass der zulässige Leistungsgrenzwert deutlich überschritten wurde und die automatische Reaktorschnellabschaltung eingreifen musste.
Quelle http://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Experimentier-Reaktor
Liste von Unfällen in kerntechnischen Anlagen
Liste meldepflichtiger Ereignisse in deutschen kerntechnischen Anlagen
Liste von Störfällen in europäischen kerntechnischen Anlagen
Nachtrag: Der Reaktor wird stillgelegt bis spätestens 1. Januar 2020
Radioaktivitätsmessnetz des Bundesamtes für Strahlenschutz
Die Karte zeigt die Gamma-Ortsdosisleistung (ODL) an den etwa 1800 betriebsbereiten Messstellen des ODL-Messnetzes des BfS, gemittelt über 24 Stunden. Den aktuellen Zeitverlauf der ODL an den einzelnen Messstellen erhält man durch Anklicken der gewünschten Station in der Karte oder in der Messstellenliste. Diese Zeitverläufe werden vier mal pro Tag aktualisiert.
Quelle Deutschland – Bundesamt für Strahlenschutz
Messstelle 14109 Berlin-Wannsee
Um die Daten schneller weiterzugeben, verzichtet das BfS auf eine Prüfung der Ortsdosisleistungsdaten vor der Veröffentlichung. Die Zeitreihen der zwei Stunden Mittelwerte werden alle 6 Stunden neu erstellt. Bei den ca. 1800 kontinuierlich messenden, automatischen Sonden des Messnetzes kommt es immer wieder vereinzelt zu Ausfällen oder technisch bedingten Fehlmessungen (siehe hierzu Wissenswertes). Es ist daher darauf hinzuweisen, dass bei den hier dargestellten 2 Stunden Mittelwerten Fehler auftreten können, die in den Zeitverläufen deutlich sichtbar sind, während benachbarte Sonden keine Auffälligkeiten zeigen.
Bei außergewöhnlichen Erhöhungen melden sich die Sonden automatisch und alarmieren die BfS-Rufbereitschaft. Natürliche Schwankungen in der Ortsdosisleistung können durch starke Regenschauer, die Folgeprodukte des natürlich vorkommenden Radons aus der Atmosphäre auswaschen und auf dem Boden deponieren hervor gerufen werden. Dies führt zu kurzfristigen, in den 2-Stunden-Mittelwerten gut sichtbaren Erhöhungen der ODL, die sehr schnell nach dem Ende der Niederschläge wieder abklingen. Alle Daten werden nachträglich geprüft und danach in der Zeitreihe der Tagesmittelwerte aufgenommen. Die Prüfung der aktuellen Daten findet morgens bis 10:00 Uhr statt, ältere Daten sind geprüft. Bei dieser Prüfung werden Daten, die durch techische Fehler unplausible Werte geliefert haben, mit einem entsprechenden Status versehen, diese offensichtlich fehlerhaften Daten werden in den Zeitreihen nicht dargestellt.
Aktuelle Messwerte in Berlin Wannsee –> http://odlinfo.bfs.de/cvdata/110000000.php?lang=DE